Für die Mitglieder des Vereins Freunde der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt e. V. gab es eine Führung im
Peißnitzhaus (15.04.2015)
Wer glaubt, dass das Peißnitzhaus wegen Baufälligkeit abgerissen werden sollte, ist nicht auf dem letzten Stand. Sein Zustand bessert sich von Jahr zu Jahr Dank der Initiative von Idealisten in dem festen
Glauben, ihm wieder Leben einhauchen zu können. Und die Zeichen stehen nicht schlecht.
Begrüßung durch den Vorsitzenden des Peißnitzhaus e. V. R. Gebert
Zur Geschichte
Nachdem 1890 eine Fähre von der Ziegelwiese zur Peißnitz eingerichtet wird, beginnen die Planungen für das Anlegen eines Parks und der Errichtung einer Gastwirtschaft. Der Bau im Schweizer Landhausstil erfolgt
in den Jahren 1892 /93. Das Haus fungiert nicht nur als Ausflugslokal, durch die Peißnitzbrücke ab 1899 gut erreichbar, sondern u. a. durch einen 300 m² großen Saal als Ball- und Gesellschaftshaus.
Beginn der Führung
Die weitere Nutzung wird zum Spiegelbild unserer Geschichte:
Ab 1923 dient es als Wald-und Erholungsschule für „kränkelnde schwächliche Kinder.“ 1934 wird das Gebäude Ausbildungsstätte für das Jungvolk der Hitlerjugend. Nach dem Krieg
beherbergt es zwei Jahre lang die Antifaschule. Die sowjetischen Streitkräfte nutzen den Bau anschließend bis 1950 als Kulturhaus, nach deren Räumung wird es 1.Bezirkspionierhaus der DDR bis zur Wende 1989. Obwohl noch eine Sanierung beginnt
und damit die Teilnutzung als Großküche für Schulspeisung möglich ist, steht es seit 1994 leer und beginnt zu verfallen. Mehrere Bewerber schreckt die hohe Investitionssumme ab, die für die Wiederinstandsetzung erforderlich wäre.
Kolonnaden
Die Wiederbelebung
Ab 2003 werden 17 Interessierte in einem Peißnitzhaus e.V. aktiv. Sie sichern zuerst das Baudenkmal vor weiterem Verfall und Vandalismus. Die Nebengebäude wie die Kolonnade (nur einseitig noch vorhanden),
der Pavillon und das Langhaus werden restauriert und sind als Gartenlokal wieder voll nutzbar, durch Einhausung auch als Winter-Cafe nutzbar. Und dies wird von der Bevölkerung gut geheißen und auch angenommen, zumal ca. 150 Veranstaltungen
im Jahr insbesondere Familien mit ihren Kindern locken. Die „Felsenbühne“ des Freien Theaters oder die „Waldbühne“ des Puppentheaters, aber eben auch die Schafe des NABU u. v. a. sind für die Hallenser verlockend. Die autofreie Zone und
die Lage im Landschaftsschutzgebiet tun ihr Übriges.
Innenausbau im Hochparterre
Im Hauptgebäude wurden uns vom Vorsitzenden des Peißnitzhaus e. V. Roland Gebert die Schäden, aber auch die bereits umgesetzten Bauvorhaben erläutert. Immerhin sind bereits 500.000.- Euro Bauleistungen wie neue Zwischendecken und Fenster umgesetzt.
Der Turm, seit 1970 gesperrt, ist gesichert. Baufirmen helfen auch als Sponsoren.
Der Verein ist zwischenzeitlich auf über 160 Mitglieder angewachsen. Namen wie Diaby, Bergner und Sitte werden genannt. Zur Zeit gibt es 12 Festangestellte,
weitere Einstellungen sollen erfolgen. In einer Broschüre „Peißnitzbote“ werden die Veranstaltungen für jeweils zwei Monate bekannt gegeben. So waren es z. B. im April diesen Jahres 29 Termine.
Ausstellung über die Geschichte des Hauses
Die vorgesehene Nutzung
Ziel des Vereins ist es, das Haus, dessen Eigentümer die Stadt ist und mit der der Verein seit 2010 einen 25-jährigen Nutzungsvertrag abschließen konnte, zum „Ort des generationsübergreifenden Lernens
voneinander“ zu gestalten. Dazu heißt es im Informationsblatt über das Projekt: „Die Nutzung sieht eine Spiel- und Erlebniswelt für Klein und Groß, Übernachtungsmöglichkeiten für Fahrradtouristen, Wanderer und Pilger sowie eine integrative
Gastronomie mit Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für behinderte Menschen vor.“ Um diese Vorhaben zu realisieren und Fördermittel beantragen zu können, ist 2013 zusätzlich ein „Peißnitzhaus Förderkreis gemeinnützige Genossenschaft“ gegründet
worden mit gegenwärtig 72 Mitgliedern und der zusammen mit dem Peißnitzhaus e. V. später in eine GmbH überführt werden soll.
Auf die Frage, wann mit der Fertigstellung gerechnet wird, antwortet der Vorsitzende: im günstigsten
Fall in fünf Jahren, spätestens aber 2025. Durch das Hochwasser 2013 sind zwar die Arbeiten verzögert worden, aber die Fluthilfe ermöglicht auch Reparaturen und die Verlegung in hochwassergeschütze Bereiche des Hauses.
Holzdecke im Ballsaal in der 1.Etage
Die Kosten
Maßgeblich für die Inbetriebnahme des Hauses ist die Verfügbarkeit finanzieller Mittel. Der Ausbau soll ohne Kredit erfolgen, so der Vorsatz. Und um den geschätzten weiteren Bedarf von bis zu fünf Mio. Euro abzudecken,
bedarf es noch sehr vieler Sponsoren, aber auch Genossenschaftsmitglieder, die Anteile in Höhe von mindestens 1000 Euro mit zweijähriger Kündigungsfrist erwerben. Kosten dämpfend wirkt eine rege Beteiligung an den Arbeitseinsätzen, die
jeden ersten Samstag im Monat stattfinden.
Zum Abschluss der Führung überreichte Frau Schütz dem Vorsitzenden eine Vereinsspende in Höhe von 500 Euro.
Urkunde über die Spende unseres Vereins
Öffentliche Führungen
Für Interessierte werden im Sommer sonntags 18.00 Uhr und im Winter montags 16.30 Uhr öffentliche Führungen angeboten.
Interessenten, die ihre Unterstützung anbieten möchten, können sich über die
Internetadresse
www.peissnitzhaus.de oder telefonisch 0345-2394666 informieren.
Text: Elke und Jürgen Becker
Fotos: Jürgen Becker, Martina Lehmann
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